Können sexuelle Orientierung und Träume einander beeinflussen? Dieser Frage ist eine aktuelle Studie aus Deutschland nachgegangen. Die Ergebnisse zeigen: Zwischen den Träumen schwuler und heterosexueller Männer gibt es kaum Unterschiede – aber einige spannende Details.
Forschungslücke: Wie beeinflusst die Sexualität unsere Träume?
Obwohl Träume seit Jahrhunderten erforscht werden, gab es bisher kaum Studien zum Zusammenhang zwischen sexueller Orientierung und Traumwelt. Ein Team von Psychologinnen und Psychologen hat sich dieser Forschungslücke angenommen und eine Untersuchung im Journal of Homosexuality veröffentlicht.
In der Studie wurden 119 deutsche Männer befragt, davon 55 Schwule und 64 Heterosexuelle. Sie berichteten nicht nur über ihre allgemeinen Traumerfahrungen, sondern auch über die Häufigkeit bestimmter Trauminhalte. Außerdem wurden sie zu ihrem Sexualleben befragt, z.B. wie viele Partner sie im letzten Jahr hatten.
Ergebnisse: Ähnliche Träume, aber mehr Sex bei schwulen Männern
Die Untersuchung zeigte, dass es kaum Unterschiede bei Albträumen oder freundlichen bzw. aggressiven Interaktionen in den Träumen gab. Allerdings gab es eine auffällige Abweichung: Schwule Männer berichteten von mehr sexuellen Träumen und erlebten in ihren Traumszenarien häufiger romantische Beziehungen mit Männern. Außerdem tauchten in ihren Träumen mehr männliche Charaktere auf.
Warum diese Unterschiede?
Die Forscherinnen und Forscher erklären diese Beobachtungen mit dem sozialen Umfeld und dem realen Liebesleben der Befragten. Schwule Männer haben oft einen größeren männlichen Freundeskreis und erleben im Alltag mehr gleichgeschlechtliche romantische Interaktionen – beides spiegelt sich dann in ihren Träumen wider.
Die Studie zeigte auch, dass schwule Teilnehmer im Durchschnitt mehr Sexualpartner hatten als ihre heterosexuellen Kollegen (2,8 gegenüber 1,49 im letzten Jahr). Dieses aktivere Liebesleben könnte auch dazu beitragen, dass sexuelle Inhalte in ihren Träumen häufiger vorkommen.
Relevanz der Ergebnisse für die Forschung
Obwohl die Studie mit einer relativ kleinen Stichprobe durchgeführt wurde und sich auf Deutschland beschränkte, halten die Forschenden die Ergebnisse für relevant. „Unsere Ergebnisse bieten eine Grundlage für weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet“, schreiben die Autoren. Zudem könnten diese Erkenntnisse in der psychodynamischen Therapie hilfreich sein, da sie ein besseres Verständnis für die unbewussten Prozesse von LGBTQIA+-Personen ermöglichen.
Die Wissenschaft hat also noch viel zu erforschen, wenn es um den Zusammenhang zwischen Sexualität und Träumen geht. Aber eines scheint sicher: Ob schwul oder hetero, wir alle haben unsere eigenen, oft geheimnisvollen Traumwelten.