Ein internes Dokument des russischen Innenministeriums, über das die unabhängige Plattform Meduza berichtet, enthüllt eine beispiellose Maßnahme: Die Behörden arbeiten an einem zentralen elektronischen Register für LGBTQ+-Personen. Grundlage ist das umstrittene Urteil des Obersten Gerichtshofs, das die „internationale LGBT-Bewegung“ 2023 pauschal zur „extremistischen Organisation“ erklärte.

Schattenlisten und Razzien als Datenquelle

Seit dem Gerichtsbeschluss führen Sicherheitskräfte bereits inoffizielle Listen mit Namen queerer Bürgerinnen und Bürger, wie Dmitri Tschukrejew von der Bürgerskammer Jekaterinburg bestätigt. Die eigentliche Datensammlung läuft aber vor allem über brutale Razzien: Allein 2024 durchsuchten Beamte mindestens 42 queere Clubs, Partys und Privatwohnungen. Aus einem Clubcomputer in Sibirien kopierten sie etwa hunderte Reservierungsdaten – „der komplette Kundenstamm“, wie eine Mitarbeiterin berichtet.

Psychoterror mit System

In Chelyabinsk nahmen Sicherheitskräfte Fingerabdrücke und Wangenabstriche von Besucherinnen und Besucher des Eden-Clubs. Beim Überfall auf eine Hausparty im Gebiet Leningrad konfiszierten sie Pässe und zwangen Gäste, ihre Smartphones zu entsperren. Wer sich weigerte, löste kollektive Strafübungen aus. „Wir kennen euch jetzt alle“, hieß es während einer mehrtägigen Razzia im Club Pose, wo Personal und Gäste unter Kameraüberwachung ihre Meldeadressen angeben mussten.

„Staatsfeinde“ und „Teufelsanbeter“

Die staatliche Hetze gegen queere Menschen eskaliert: Regierungsnahe Medien diffamieren die Community als „paramilitärische Gruppen“, die einen „Geschlechterkrieg“ planten. LGBTQ+-Aktivist:innen werden öffentlich als „Volksverräter“ oder „Satansanhänger“ bezeichnet. Gleichzeitig preisen Behörden die Razzien als erfolgreiche „Anti-Terror-Maßnahmen“.

Krieg in Ukraine bremst Verfolgung – vorläufig

Ironischerweise behindert ausgerechnet Putins Ukraine-Krieg den Aufbau des Registers: Viele Polizeieinheiten sind an der Front gebunden, statt Daten für die LGBTQ+-Erfassung zu sammeln. Doch die Verfolgung geht weiter – mal subtil, mal mit offener Gewalt. Wie lange Russlands Queer-Community noch Atempausen hat, bleibt ungewiss.

Fakt am Rande: Bei einer einzigen Razzia im sibirischen Gorno-Altaysk erbeuteten Beamte Daten von 80 Personen – ein Vorgeschmack auf das, was mit dem digitalen Register möglich würde. Die Botschaft der Machthaber ist klar: Du bist nicht sicher. Nicht im Club. Nicht zu Hause. Nicht in deinem eigenen Land.

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