Eine selbstgeführte queere Tour im Londoner Science Museum sorgt für Falschmeldungen – konservative Medien inszenieren eine angebliche „Anti-LGBTQ+“-Kampagne gegen den Spielzeughersteller. Doch die Realität sieht anders aus.

Vom Steck-System zur Hetzkampagne

Seit 2022 bietet das Museum die Tour „Seeing Things Queerly“ an, die queere Perspektiven auf Technikgeschichte beleuchtet. Ein Abschnitt thematisiert, wie Alltagssprache heteronormative Denkmuster verstärkt – etwa bei Lego-Bausteinen: „Die Noppen oben werden als männlich, die Aufnahmen unten als weiblich bezeichnet, das Zusammenstecken als ‚Paarung‘“, heißt es im Ausstellungstext. Kritisch hinterfragt wird hier die Übertragung von Geschlechterbildern auf technische Objekte. Von einer Verurteilung Legos ist nirgendwo die Rede.

Dennoch titelten The Times und GB News am 7. Februar 2025, das Museum habe Lego „anti-LGBT“ genannt. Elon Musk kommentierte das vermeintliche Drama mit einem Clown-Emoji.

Medienecho vs. Museumsrealität

Die Tour widmet sich eigentlich queeren Ikonen: Alan Turing, dem schwulen Codeknacker des Zweiten Weltkriegs, oder Roberta Cowell, der ersten britischen Transfrau mit geschlechtsangleichender OP. Das Lego-Beispiel dient lediglich als Aufhänger, um zu zeigen, wie Sprache unbewusst Normen transportiert.

„Es geht nicht um eine Anklage, sondern um Sensibilisierung“, ließe sich der Ausstellungsabschnitt zusammenfassen. Die Formulierungen „anti-LGBTQ+“ oder „Zweigeschlechtlichkeit fördernd“ sucht man in den Museumstexten vergebens – sie stammen ausschließlich aus reißerischen Schlagzeilen.

Hinter den Kulissen: Wer hetzt hier gegen wen?

Auffällig: Mehrere Artikel zitieren die „Gender-kritische“ Gruppe Sex Matters, die die Ausstellung als „lächerlich“ bezeichnet. Die Organisation, die sich 2025 als „Menschenrechts-Charity“ registrieren ließ, propagiert auf ihrer Website: „Es gibt zwei Geschlechter: weiblich und männlich.“

Historisch ironisch, denn Lego selbst positionierte sich klar pro LGBTQ+:

  • 2021 erschien das Set „Everyone Is Awesome“ mit Regenbogenfiguren, darunter eine Hommage an Drag Queens
  • Geschlechterstereotype wurden aus Marketing und Spielzeug-Verpackungen entfernt
  • 2022 startete die Kampagne „A-Z of Awesome“ zur Sichtbarmachung queerer Communities

Warum diese Debatte jetzt?

Der Vorfall zeigt, wie fragil Fortschritte bei LGBTQ+-Themen bleiben. Während Museen historische Diskriminierung aufarbeiten, instrumentalisieren rechte Medien jedes Engagement als „Ideologie“. Dabei geht es im Kern um etwas Simples: Darum, dass Sprache Wirklichkeit formt – und dass Steine eben keine Geschlechter haben.

„Wäre ich als Kind mit einem inklusiven Lego-Set aufgewachsen, hätte mir das gezeigt: Ich bin nicht ‚falsch‘“, sagte Designer Matthew Ashton 2021 zum Guardian. Vielleicht braucht es mehr solcher Steine – gegen die Mauern der Hetze.

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