Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als ich mit einem Freund in einem Café saß und über meine Beziehung sprach. Es war ein sonniger Nachmittag, und während wir über alles Mögliche redeten, kamen wir schließlich auf das Thema meiner Beziehung.

Ich war seit zwei Jahren mit meinem Partner zusammen, und eigentlich lief alles gut. Dennoch bemerkte ich, dass sich immer mehr Zweifel in mir breit machten. War ich wirklich glücklich? Oder wartete da draußen noch etwas Besseres auf mich?

Die Versuchung des Unbekannten

Rückblickend fällt mir auf, dass meine Gedanken damals stark vom „Gras-ist-grüner“-Denken geprägt waren. Es ist dieser ständige Gedanke, dass es außerhalb der aktuellen Situation – sei es in der Beziehung, im Job oder im Leben generell – noch etwas Besseres gibt. In meinem Fall begann ich mich zu fragen, ob es vielleicht aufregender wäre, Single zu sein und neue Menschen kennenzulernen.

Auf Social Media sah ich ständig Bilder von Freunden, die scheinbar das perfekte Leben führten: glamouröse Reisen, neue Partner, Partys. Ich fragte mich immer öfter: Fehlt mir da etwas?

Diese Gedankenspirale führte dazu, dass ich begann, meine Beziehung infrage zu stellen. Nicht weil es wirklich etwas Grundlegendes gab, das nicht funktionierte, sondern weil ich dachte, dass es „da draußen“ vielleicht noch mehr für mich gibt.

Queere Beziehungen und der Druck des Perfekten

Dieses Gefühl, dass das Gras auf der anderen Seite des Zauns grüner ist, ist in der queeren Community keine Seltenheit. Ich habe mit vielen Freunden darüber gesprochen, und fast alle haben irgendwann dasselbe Gefühl erlebt: das Streben nach dem „perfekten“ Partner oder die Angst, etwas zu verpassen, wenn man sich zu sehr bindet.

Ein möglicher Grund dafür ist, dass wir oft nicht in die traditionellen heteronormativen Beziehungsmuster passen. Wir haben keine gesellschaftlichen Erwartungen, dass eine Beziehung „für immer“ halten muss. Stattdessen gibt es mehr Freiheit, aber eben auch mehr Unsicherheit. Das kann dazu führen, dass man sich ständig fragt, ob man das Beste aus seiner Freiheit macht oder ob man sich zu früh festgelegt hat.

Unerfüllbare Erwartungen und der Druck, perfekt zu sein

Ein weiterer Faktor, der in queeren Beziehungen oft eine Rolle spielt, ist der hohe Druck, den viele von uns auf sich selbst ausüben. In meiner Jugend habe ich viel Ablehnung erfahren, sei es wegen meiner Sexualität oder meiner Persönlichkeit.

Um damit umzugehen, habe ich mich ständig angestrengt, in allem „perfekt“ zu sein – sei es in der Schule, im Job oder in meinen Beziehungen. Das führte dazu, dass ich auch an meinen Partner hohe Erwartungen stellte. Er musste perfekt sein, um all die Unsicherheiten und Ängste auszugleichen, die ich in mir trug.

Dieses Streben nach Perfektion kann eine Beziehung stark belasten. Wenn man ständig das Gefühl hat, dass es noch besser gehen könnte, verpasst man oft die Schönheit dessen, was man bereits hat.

Wie man das „Gras-ist-grüner“-Denken in den Griff bekommt

Nach vielen Gesprächen mit Freunden und auch durch viel Selbstreflexion habe ich gelernt, dass das „Gras-ist-grüner“-Denken nur kurzfristig Befriedigung bringt. Die ständige Suche nach dem Besseren führt oft dazu, dass wir das Gute, das wir bereits haben, nicht mehr wertschätzen. Um das zu vermeiden, habe ich mir ein paar Strategien zurechtgelegt, die mir geholfen haben:

  1. Offene Kommunikation: Oft entstehen Zweifel, weil man sich unverstanden fühlt. Reden hilft, Unsicherheiten aus dem Weg zu räumen.
  2. Eigene Bedürfnisse reflektieren: Es ist wichtig, sich selbst klarzumachen, welche Bedürfnisse man in einer Beziehung hat und ob diese realistisch sind.
  3. Dankbarkeit praktizieren: Statt immer nur zu schauen, was in anderen Beziehungen vielleicht „besser“ ist, habe ich gelernt, das zu schätzen, was ich bereits habe.

Perfektion ist eine Illusion

Es gibt kein perfektes Leben und keine perfekte Beziehung. Das „Gras-ist-grüner“-Denken führt nur dazu, dass wir das, was wir haben, nicht mehr richtig sehen können. Beziehungen sind nie einfach, aber sie bieten uns die Möglichkeit, gemeinsam zu wachsen. Der Drang, ständig etwas Besseres zu suchen, hindert uns oft daran, das Gute zu genießen.

Manchmal ist das Gras auf der anderen Seite nicht wirklich grüner – es erscheint nur so, weil wir vergessen, uns um unseren eigenen Garten zu kümmern.

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Hallo, ich bin David, 30 Jahre alt und komme aus Köln. Wenn ich nicht gerade auf Reisen bin oder die Kölner Bars und Clubs unsicher mache, schreibe ich darüber - und gebe meine Tipps an euch weiter....